Ausbildung nach Studium
Dass man nach der Ausbildung noch studiert, ist gar nicht so selten. Auf der anderen Seite gibt es auch viele junge Menschen, dir ihr Studium abbrechen und stattdessen eine Ausbildung beginnen.
Aber – nach einem abgeschlossenen Studium noch eine Ausbildung machen, ist das denn sinnvoll? Ja, durchaus! Wir erklären dir, welche Gründe dafür sprechen und worauf du bei der Bewerbung um eine Ausbildung achten solltest.
Kaum ein Lebenslauf verläuft gerade
Mach dir keine Gedanken darüber, was zukünftige Arbeitgeber oder auch deine Familie und Freunde von deiner Entscheidung halten könnten. Denn: Heutzutage verläuft echt kein Lebenslauf mehr gerade! Bei der Masse an Möglichkeiten, die die Berufswelt bietet, ist es ganz normal, auch mal Berufsentscheidungen zu treffen, die sich als nicht ganz passend herausstellen. Also stress dich nicht.
Gründe für eine Ausbildung mit abgeschlossenem Studium
Jetzt hast du drei oder mehr Jahre studiert, endlich den Bachelor in der Tasche und dann sollst du nochmal drei Jahre weiterlernen, dich in einem ganz neuen Umfeld eingewöhnen und dabei von einem nicht gerade üppigen Azubigehalt leben? Klingt erstmal unlogisch – denkst du. Egal, ob du schon weißt, welche Ausbildung es sein soll oder du dir noch total unsicher bist: Hier sind drei Gründe, warum eine Ausbildung im Anschluss an ein Studium der richtige Weg für dich sein kann.
1. Bei der Berufswahl hast du (bisher) mehr auf andere gehört als auf dich.
Alle in deiner Familie haben studiert, also bist du selbstverständlich auch an die Uni gegangen, obwohl dir eine Ausbildung viel besser gefallen hätte? Oder du bist die Erste mit Abitur und deine Eltern haben sich so sehr gewünscht, dass du Chance ergreifst und studieren gehst?
Irgendwann hast du dann gemerkt: Das ist es nicht, eine Ausbildung hätte viel besser gepasst. Statt am Rechner möchtest du viel lieber mit den Händen arbeiten oder du siehst dich eher in der Kita als im Großraumbüro? Dann hör auf dein Gefühl!
Aber klar: Um sich das einzugestehen, braucht man manchmal ein paar Jahre. Da kostet es viel Überwindung, alles hinzuschmeißen, vor allem, wenn zwischen dir und deinem Bachelor-Abschluss nur noch wenige Semester liegen.
Mach ein Praktikum!
Unser Tipp, wenn du mitten im Studium bist und unsicher, wie es weitergehen soll: Nutze die vorlesungsfreie Zeit, um ein Praktikum in einem ganz anderen Bereich zu machen! Das ist ein super Weg, um herauszufinden, ob und welche Ausbildung es sein soll.
Es kann ja durchaus sinnvoll sein, den Uni-Abschluss noch zu machen: Je nachdem, für welche Ausbildung du dich entscheidest, kann dir dein Studium auf deinem weiteren Karriereweg noch helfen. Und wer weiß: Vielleicht möchtest du dich nach ein paar Jahren nochmal beruflich umorientieren.
So oder so: Auch mit Bachelor-Abschluss kann eine Ausbildung für dich der nächste passende Schritt sein. Vielleicht bist du nach deinem Studium Anfang, Mitte 20 und hast noch sooo viele Arbeitsjahre vor dir. Da machen drei Jahre Ausbildung nicht viel aus, versprochen. Und psst: Auch mit 30 bist du für eine Ausbildung noch nicht zu alt.
2. Du findest nach dem Studium einfach nicht den passenden Job.
Vielleicht hast du deinen Uni-Abschluss schon eine ganze Weile gesucht, aber du findest einfach keinen Job – möglicherweise, weil in deinem Fachbereich die Nachfrage nach Arbeitskräften nicht so hoch ist und es nur wenige passende Stellen gibt. Jobs für Kulturwissenschaftlerinnen oder Philosophie-Absolventen gibt’s leider nicht wie Sand am Meer.
Da kann es echt sinnvoll sein, beruflich von vorn zu beginnen. Denn: In super vielen Bereichen, in denen man eine Ausbildung machen kann, gibt es einen Fachkräftemangel. Sei es in der Pflege, im Handwerk oder im sozialen Bereich – da fehlen überall Fachkräfte.
In diesen Berufen ist der Mangel besonders groß – vielleicht ist ja was für dich dabei?*
Die meisten dieser Ausbildungen dauern drei Jahre und sind teilweise überdurchschnittlich gut bezahlt. Ein Lichtblick gibt’s bei einigen schulischen Ausbildungen, die bislang nicht bezahlt wurden: Für Erzieher:innen gibt es mittlerweile in vielen Städten ein neues Ausbildungsmodel, die PiA, bei der man von Anfang an ein Ausbildungsgehalt bekommt. Und auch angehende Physiotherapeut:innen dürfen sich heute in der Regel über eine Vergütung freuen, wenn sie bei einem öffentlichen Arbeitgeber sind.
Du kannst deinen Lebensunterhalt also hoffentlich als Azubi eigenständig bestreiten, auch wenn du nun kein BAföG oder keine Unterstützung deiner Eltern mehr bekommst. Und bist du dann fertig, findest du gerade mit einem Mangelberuf wirklich überall einen Job.
3. Viele Arbeitgeber schätzen Bewerber:innen mit Uni-Hintergrund.
Bewerber:innen, die schon ein paar Jahre studiert oder sogar einen Uni-Abschluss haben, sind bei Arbeitgebern gerne gesehen. Das hat mehrere Gründe:
- Sie bringen mehr Lebenserfahrung mit.
- Sie sind häufig zielstrebiger und disziplinierter.
- Sie bringen bereits hilfreiches Fachwissen mit.
- Sie wissen die Vorteile einer dualen Ausbildung besser zu schätzen.
Du hast also als Bewerber, der von der Uni kommt, bessere Chancen auf einen Ausbildungsplatz, der dir wirklich gefällt.
Und: Unter Umständen kannst du deine Ausbildung verkürzen und bist so schneller eine vollwertige Arbeitskraft mit vollem Gehalt.
Wie finde ich die passende Ausbildung?
Die passende Ausbildung zu finden, das ist gar nicht so leicht und auch nach drei oder mehr Jahren Uni vermutlich nicht leichter. Immerhin gibt es deutlich weniger Ausbildungen als es Studiengänge gibt: Mehr als 300 Ausbildungsberufe stehen 9.000 Bachelor-Studiengängen gegenüber.
Erstmal musst du dich fragen, ob du eine Ausbildung machen möchtest, die deinem Studium ähnelt, oder ob du den Bereich komplett wechseln möchtest. Machst du eine ähnliche Ausbildung, hast du bessere Chancen, diese um maximal ein Jahr zu verkürzen.
Auf Ausbildung.de findest du alle möglichem Berufe geordnet nach Themen, alphabetisch oder auch nach Bezahlung und Beliebtheit. Klick dich einfach mal durch:
Übrigens: Für bestimmte Ausbildung brauchst du sogar ein abgeschlossenes Studium! In der Regel wird aber ein Studium im naturwissenschaftlichen bzw. ingenieurwissenschaftlichen Bereich vorausgesetzt. Die Rede ist von Beamtenausbildungen. Da wirst du verbeamtet und steigst im gehobenen Dienst ein.
Wie gehe ich bei der Bewerbung mit meinem Studium um?
Sei offen und ehrlich! Grundsätzlich zeigt dein abgeschlossenes Studium ja erstmal, dass du Durchhaltevermögen mitbringst, was doch sehr positiv ist. Du solltest dich auf jeden Fall darauf einstellen, dass dein Studium Thema sein wird im Vorstellungsgespräch. Leg dir deshalb schon mal Antworten auf die Frage zurecht, warum du nach deinem Studium noch eine Ausbildung machen möchtest – und wie deine Unierfahrung dir in deiner Ausbildung vielleicht helfen kann.
Wie kann ich meine Ausbildung nach einem Studium finanzieren?
Da du in einer dualen Ausbildung ein Gehalt bekommst, kannst du deinen Lebensunterhalt hoffentlich damit bestreiten. Falls das Geld nicht reicht, schau mal, welche finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten für dich in Frage kommen.
Achtung: Hast du während deines Studiums BAföG bekommen, wirst du in der Ausbildung wahrscheinlich keinen Anspruch mehr darauf haben. BAföG können nämlich eigentlich auch Azubis beziehen, die eine schulische Ausbildung machen. Informier dich aber nochmal beim BAföG-Amt oder bei der Bundesagentur für Arbeit in deiner Stadt.
ÜBER DIE AUTORIN
Judith ist seit 2019 Online-Redakteurin bei Ausbildung.de. Manchmal bereut sie es noch, nach dem Abi nicht doch eine Ausbildung zur Fotografin gemacht zu haben. Über Ausbildungsthemen schreiben ist aber auch ganz okay.
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