Hapag-Lloyd AG

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  1. Moritz Hector

Interview mit Moritz Hector

Moritz Hector
Schiffsmechaniker/in
19 Jahre
2. Ausbildungsjahr
Lieber Moritz, da Du im Reisegespräch mit dem Ausbildungsleiter so von Deiner Reise auf der GLASGOW EXPRESS geschwärmt hast, bitte ich Dich Deine Erfahrungen zu teilen!

Das mache ich gern, hier nun also mein Erfahrungs- und Reisebericht meiner ersten Einzelreise auf der GLASGOW EXPRESS.

Zunächst vorweg das Fahrtgebiet der GLASGOW EXPRESS. Sie fährt im sog. SW1-Dienst und läuft folgende Häfen auf ihrer Route an: Hamburg - Tilbury - Antwerpen - Caucedo (Dominikanische Republik) - Cartagena (Kolumbien) - Manzanillo (Panama) - Callao (Peru) - Valparaíso (Chile) - Callao - Manzanillo - Cartagena - Caucedo - Rotterdam – Hamburg. Eine Rundreise dauert acht Wochen.

Zwei Wochen nach Ende des ersten Berufsschulzeitblocks an der Schleswig-Holsteinischen Seemannsschule in Travemünde ging ich in Hamburg an Bord der GLASGOW EXPRESS. Nachdem mein Vorgänger und ich die Übergabe abgeschlossen hatten, ging ich dem Bootsmann bei der Proviantübernahme zur Hand. Abends wurde mein Einsatz an Bord für die Reise besprochen. Während der Revierfahrten würde ich auf der Brücke sein und den Tagesdienst in der Maschine versehen. Mein Ausbilder war der 2. Ingenieur. Dieser machte morgens die Arbeitseinteilung und so heftete ich mich meist an die Fersen des Schiffsmechanikers.

Nun konnte es am nächsten Vormittag losgehen. Zum Auslaufen war ich das erste Mal auf der Brücke. Zu Beginn schrieb ich das Manöverbuch, später wurde ich auch mit anspruchsvolleren Aufgaben betraut, wie dem Rudergehen, Funkdienst und Routenplanung. In Tilbury nutzte ich die Liegezeit, um mit meinem Schiffsmechaniker-Kollegen nach London zu fahren. Auch wenn man viel in der Welt herum kommt, in manchen Häfen lassen die kurzen Liegezeiten einen Landgang einfach nicht zu. Nachdem wir Antwerpen und den Englischen Kanal hinter uns gelassen hatten, ging es über den „großen Teich“: den Atlantik. Während der Überquerung kann man in der Maschine viele Arbeiten erledigen. Bei der Vielzahl an Aggregaten an Bord gibt es immer etwas zu tun. Die regelmäßigen Wartungen, Überholungen und zeitweise anfallenden Reparaturen lassen es nie langweilig werden! Es stellt sich zum Teil eine gewisse Routine ein, aber es kommen auch immer neue, noch unbekannte Herausforderungen auf, die vor Ort gelöst werden müssen, da man mitten auf dem Atlantik nicht mal eben einen Service bestellen kann.

Natürlich gibt es auch Freizeit! Es war spannend, die kulturellen Unterschiede an Bord und die damit verbundenen Verhaltensweisen etwa der philippinischen Besatzung kennenzulernen. Ich verstand mich schnell sehr gut mit den Kollegen und so wurde die Freizeit nie langweilig. Gemeinsame Aktivitäten unterstützen bei der Mannschaft die Motivation des für manchen Außenstehenden vielleicht eintönig erscheinenden Bordlebens. Filmabende, BBQ und Geburtstagsfeiern sorgen für eine ausgelassene, fröhliche Stimmung und schaffen ein ganz spezielles Gemeinschaftsgefühl. An das Karaoke-Singen musste ich mich erst noch gewöhnen, aber nach und nach…

Nach einer Woche Überfahrt wurde das Wasser spürbar wärmer. Aus dem tiefen Blau des Atlantiks wurde das Türkis der Karibik. In Caucedo angekommen, standen ein paar Arbeiten in der Maschine an, so bot sich ein Landgang hier erst auf der Rückreise. Weiter ging es einige Stunden später über Cartagena nach Manzanillo. Leider waren die Liegezeiten ungünstig, so dass auch hier kein Landgang in Frage kam. Dafür ergaben sich diverse, für mich neue Arbeiten.

Von Manzanillo ging es früh morgens durch den Panamakanal. Während der Passage war ich auf der Brücke. Es war spannend zu erleben, wie Schiffe dieser Größe durch die Schleusen fahren. Geführt werden die Schiffe von Lokomotiven, die mit Stahldrähten an Bord fest machen. Binnen zehn Minuten hebt sich das Schiff mehrere Meter hoch, bis es in die nächste Kammer geht. Nachdem wir die drei Kammern und damit 26 Meter Höhenunterschied überwunden hatten, erreichten wir den Gatúnsee und nach insgesamt neun Stunden Passage den Pazifik.

Drei Tage fuhren wir durch dunkles, grünliches Pazifikwasser, bis wir in Callao ankamen. Kaum hatte der Anker den Grund berührt wurde das Schiff von Pelikanen und Seeschwalben bevölkert. Wenige Stunden später liefen wir wieder einmal für einen sehr kurzen, nächtlichen Aufenthalt ein. Nach weiteren drei Tagen fuhren wir in die Bucht von Valparaíso ein, wo wir kurz darauf im Hafen festmachten. Da dies der Wendepunkt und damit letzte Hafen vor der Rückreise war, wurde das Schiff nahezu vollständig entladen und mit neuen Containern bestückt. So streckte sich die Liegezeit hier über zwei Tage, was der Mannschaft ausreichend Zeit für den ein oder anderen Landgang gab.

Bereits nach der halben Reise äußerte ich den Wunsch, eine zweite Reise im Anschluss machen zu dürfen, was mir schon bald genehmigt wurde.

Die Rückreise war vom Ablauf ähnlich der ersten Hälfte, trotzdem ist jeder Tag anders. Es gab neue Arbeiten in der Maschine und an Deck, Brückendienst auf den Revieren und die erneuten Passagen von Panamakanal und Atlantik. Mag die Route auch die gleiche sein, es ist immer anders.

Ein ganz spezielles Gefühl war es allerdings, früh morgens die Elbe hoch zu fahren. Alles mal von der anderen Seite wahrzunehmen, nicht das Schiff am Anleger vorbeiziehen sehen, sondern selbst am Anleger vorbeizuziehen. Dazu kam noch der Gedanke: morgen geht es wieder los, noch mal zwei Monate weg.

Nachdem wir Proviant übernommen hatten, ging ich mit ein paar philippinischen Kollegen an Land. Ein kurzer Zwischenstopp im Duckdalben, um die Familie auf den Philippinen anzurufen, und dann ging es weiter in die Stadt.

Am nächsten Morgen war Crewwechsel. Die europäische Besatzung übergab an ihre Ablöser, die philippinische Crew blieb, genau wie ich an Bord.

Meine Einsatzbereiche blieben die gleichen, mein Ausbilder war der neue Chief Engineer (Leiter der Maschinenanlage) und ich wurde wie zuvor meist dem Schiffsmechaniker zugeteilt. Hinzu kam, dass ich vor jedem Auslaufen die Brücke klar machte. Dies bedeutete, noch eine Stunde früher aufzustehen. Mit der Zeit gewöhnt man sich aber daran, dass nicht jeder Tag im gleichen Rhythmus verläuft.

Mit dem 3. Ingenieur arbeitete ich zeitweise an den Hilfsdieseln und ich war für den Verdampfer verantwortlich. Zudem hatten wir ein größeres Projekt an der Hauptmaschine, eine Brennstoffpumpe machte uns Probleme. Hierfür mussten also mehrere Hafenliegezeiten genutzt werden, da wir nur bei Stillstand der Maschine an der Pumpe arbeiten konnten.

In meiner Freizeit ging ich gelegentlich auf die Brücke und der Nautische Offizier nahm sich Zeit, mir die vielen verschiedenen Arbeiten und Anlagen auf der Brücke zur erklären.

Als wir vor Callao noch etwas Zeit hatten, da der Hafen einige Tage wegen schlechten Wetters gesperrt war, durfte ich sogar eigenständig ein Anker- und ein Mann-über-Bord-Manöver leiten.

Der weitere Verlauf der Reise lief ohne Verzögerungen ab, bis wir aus Rotterdam ausliefen. Mit der Erwartung in zwei Tagen zuhause zu sein, gingen wir auf Kurs nach Hamburg. Allerdings erreichte uns telefonisch eine Fahrplanänderung mit der Folge, dass wir nach Tilbury fahren mussten. Das bedeutete für alle, zwei Tage später in Hamburg zu sein. Ich hatte mich aber so an das Schiff und die Besatzung gewöhnt, dass es mich freute, noch zwei Tage länger an Bord sein zu dürfen.

Nachdem unserem ungeplanten Abstecher ging es dann weiter nach Hamburg. Ein letztes Mal steuerte ich mit der GLASGOW EXPRESS ein Stück die Elbe rauf.

Es gingen zwei sehr spannende, lustige und interessante Reisen zu Ende, die „gefühlt“ viel zu schnell vorbeigegangen sind. Dennoch war es schön, wieder einmal den Heimathafen anzulaufen und alte Bekannte wiederzusehen.

Es war sehr interessant zu erleben, was zwei verschiedene Schiffsleitungen ausmachen können. Im Laufe der Zeit lernt man viele verschiedene Besatzungen kennen, aber dies einmal so direkt hintereinander, auf einem Schiff zu erleben, war eine gute Erfahrung. Es war mit beiden Crews eine schöne, lehrreiche Zeit und dennoch jeweils ganz anders.

Als am nächsten Morgen die Ablöser angekommen waren, ging ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge nachhause.

Ich fühle mich nach der Reise in meiner Berufswahl wieder bestätigt und freue mich sehr auf die folgenden Reisen, wo auch immer sie mich hinführen werden.

Moritz Hector

Schiffsmechaniker 2. Lehrjahr

Hapag-Lloyd AG

Moritz, vielen Dank für diesen ausführlichen Bericht!

Sehr gern.